Eigentlich wollte ich ein ganz anderes Buch vorstellen. Aber nachdem ich “A Win Without Pitching Manifesto” von Blair Enns innerhalb von zwei Zugfahrten durchgelesen hatte, musste es einfach dieses Buch sein. Das Buch hat für mich deshalb eine so große Bedeutung, weil ich leider viel zu oft während meiner beruflichen Laufbahn erleben musste, wie man sich eben nicht an viele der im Buch aufgeführten Punkte gehalten hat und das dann zu schwerwiegenden Problemen geführt hat.
Auf den Punkt gebracht.
Das Buch ist – wie der Titel schon sagt – ein Manifest. Insgesamt 12 Punkte in Bezug auf unternehmensbezogene Best Practices beinhaltet das Manifest. Jeder davon ist wichtig. Ich will jetzt aber nur auf ein paar davon eingehen, damit man einen Eindruck davon bekommt, was man vom Buch erwarten darf.
We will specialize
Wer sich nicht spezialisiert, schwimmt im gleichen Ozean, wie viele andere Wettbewerber und wird austauschbar. Kunden profitieren davon und wollen Leistungen zu sehr niedrigen Preisen oder vielleicht sogar kostenlos haben. Mangels Spezialisierung und der daraus resultierenden starken Wettbewerbssituation, wird man letztendlich als Dienstleister diesem Wunsch auch bis zu einem gewissen Grad nachkommen müssen, wenn man überhaupt noch Umsätze generieren will.
Ein Szenario, das langfristig dafür sorgt, dass wir viel Zeit investieren müssen ohne viel zu verdienen. Die einzige Möglichkeit in diesem System zu wachsen ist es, die Arbeitszeit zu erhöhen. Aber wer kurz darüber nachdenkt, wird schnell feststellen, dass man sich damit in einen Teufelskreis in Richtung Burnout bewegt, ohne dass man ein finanziell stabiles Unternehmen aufbaut.
Wer vernünftig für seine Arbeit entlohnt werden will, kommt um eine Spezialisierung nicht herum. Es ist notwendig, sich ganz klar zu positionieren und von Wettbewerbern abzugrenzen und dieses auch deutlich zu kommunizieren. Positionierung bedeutet in diesem Fall auch den Fokus in der Unternehmensstrategie deutlich herauszuarbeiten.
We will do with words what we used to do with paper
Dieser Punkt spielt zusammen mit einem anderen im Buch: “We Will Replace Presentations With Conversations”. Wir müssen uns davon entfernen, tagelang Arbeit in Pitchpräsentationen und Angebotsdokumente zu stecken, bevor wir überhaupt wissen, ob wir den Auftrag erhalten. In den seltensten Fällen ist wirklich die Präsentation oder das zwanzigseitige Angebot der Grund dafür, dass man ein Projekt erhält. Meistens ist es eher ausschlaggebend, ob man für den Klienten das passende Unternehmen darstellt und ob die Chemie stimmt. Das Einzige, was wir dann schreiben, ist ein Vertrag. Bevor dieser Vertrag geschrieben werden kann, muss man sich darüber verständigt haben, dass man zusammenarbeiten will.
Man muss sich mit dem Kunden auf eine Strategie einigen bevor man in irgendeinen kreativen Prozess einsteigt. Sobald der kreative Prozess beginnt ist es wichtig, sich über die eigene Expertise ganz klar zu positionieren. Man sollte dem Kunden nicht unzählige Optionen präsentieren und im schlimmsten Fall sogar danach fragen, was ihr / ihm am besten gefällt. Die Diskussion sollte sich immer um das Erreichen der Strategie drehen und nicht darum, wem was besser gefällt. Ansonsten kann es schnell passieren, dass wir uns in eine falsche Richtung bewegen.
Zurück zum Angebot: Wer ein umfangreiches Angebot mit Lösungsansätzen und möglichen Strategien aufsetzt, gibt dem Kunden die Oberhand. Es vermittelt den Eindruck, dass man den Auftrag nötig hat und deshalb so viel Zeit in die Erstellung dieses Dokuments investiert. Ausführliche Angebote erlauben es Klienten außerdem, Wettbewerber zu finden, die dieselbe Arbeit günstiger anbieten als man selbst.
Deshalb sollte ein ganz wichtiger Leitsatz für uns sein: Wir beginnen nicht damit, die Probleme des Kunden zu lösen, bevor man sich nicht auf eine Zusammenarbeit verständigt hat.” (“We do not begin to solve our clients’ problems before we are engaged.”).
We Will Refuse to Work at a Loss
Ein ganz wichtiger Punkt und einer, der oftmals viel zu wenig beachtet wird. Viel zu oft lässt man sich dazu hinreißen, Arbeit zu leisten bevor man überhaupt einen Auftrag dazu hat. Kunden sollten einen für jegliche Arbeiten von Anfang an bezahlen. Darauf zu hoffen, dass man das Geld zu einem späteren Zeitpunkt wieder reinholen kann ist entweder naiv oder darin begründet, dass man keine klare Abmachung mit dem Kunden hat.
Auch sollte man darüber nachdenken, ob man in Preisverhandlungen anstelle von Rabatten, eher über zusätzliche Garantien oder optionale Zahlungsmodalitäten reden sollte. Lässt man sich auf Preisnachlässe ein, müssen diese in Angeboten immer deutlich gekennzeichnet sein. Ansonsten passiert es schnell, dass zukünftig der reduzierte Preis als normaler Preis angenommen wird. Wer erstmal auf dem niedrigen Preisniveau angekommen ist, wird es immer schwieriger haben, den Kunden wieder auf ein höheres Niveau zu bringen. Deshalb sollte man damit aufpassen und sich nicht zu sehr auf Preiskämpfe einlassen. Kunden sind durchaus gewillt, für gute Arbeit auch einen entsprechenden Preis zu zahlen.
Und dann wären da noch die Pro Bono Projekte. Diese sind mit Sicherheit gut, um sein Portfolio aufzubauen und Erfahrung zu sammeln. Gerade wenn man noch keine Kunden hat, bietet es sich an, darüber bekannter zu werden und zahlende Kundschaft anzulocken. Wenn diese Projekte aber Überhand nehmen und so viel Zeit in Anspruch nehmen, dass man nicht mehr profitabel wirtschaften kann, muss man sich überlegen, ob diese Projekte tatsächlich noch sinnvoll für das eigene Unternehmen sind.
Unbedingt lesen
Es steht noch so viel mehr in diesem Buch, das sich lohnt zu lesen. Viele Punkte erscheinen offensichtlich. Aber man hält sich viel zu selten vor Augen, dass man doch schon selbst in viele der Fallen getappt ist. Da hilft es, sich mit diesem Buch die wichtigsten Leitsätze vor Augen zu führen. Selbstverständlich sieht die Realität immer etwas anders aus: dreckiger, nicht so glatt und mit Ecken und Kanten und vielen Grautönen. Aber es hilft ein Ziel vor Augen zu haben, das hilft, sich der Idealspur wieder anzunähern.
Hier findet ihr das Buch bei Amazon:
https://www.amazon.de/Win-Without-Pitching-Manifesto-English-ebook/dp/B00L5Y7KTO/
Ihr dürft aber auch gerne euren lokalen Buchhändler unterstützen.
(Disclaimer: Meine Buchempfehlungen werden nicht gesponsert. Ich kaufe mir die Bücher selbst und empfehle auch nur, was ich persönlich für gut befinde. Ich lese außerdem immer nur die englischen Versionen und kann auch nur diese bewerten.)
(Alle meine Artikel werden von mir persönlich geschrieben. Da schaut niemand mehr drüber, was manchmal vielleicht besser wäre. Aber dadurch bekommt man eben auch genau das zu lesen, was ich so denke und recherchiert und gelernt habe. Da bleiben ein paar Rechtschreibfehler nicht aus. Das tut mir auch echt leid, aber damit muss man dann auch einfach mal klar kommen.)