Design Thinking ist in aller Munde und das auch nicht erst seit gestern. Unternehmen aller Art investieren in den Aufbau und die Anwendung von Design Thinking Methoden. Ein Umdenken findet statt. Aber was genau ist Design Thinking und lohnt sich dieser Invest überhaupt?
Design Thinking?
Laut Wikipedia ist Design Thinking „ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen führen soll. Ziel ist dabei, Lösungen zu finden, die aus Anwendersicht (Nutzersicht) überzeugend sind.“ Für Unternehmen bedeutet das, dass man crossfunktionale Teams zusammenstellt und diese gemeinsam mit Hilfe unterschiedlicher Methoden im Workshop-Format an Problemlösungen oder neuen Ideen arbeiten. Der gesamte Prozess orientiert sich dabei an der Abfolge „Verstehen, Beobachten, Sichtweise definieren, Ideenfindung, Ausführung und Testen“ (für diese Abfolge gibt es unterschiedliche Ansätze, die im Grundsatz aber alle das gleiche machen). Dies sorgt dafür, dass ein Grundverständnis für ein Thema vor allem auch durch Beobachtung geschaffen wird, um daraus Ideen zu generieren. Aus diesem Ideenpool heraus werden dann verfeinerte Ideen herausgearbeitet, die dann auch direkt getestet und gegebenenfalls in weiteren Iterationszyklen verfeinert oder auch verworfen werden. Ziel ist es, innerhalb sehr kurzer Zeit Ideen zu entwickeln und auch auf Machbarkeit bzw. Sinnhaftigkeit zu testen.

Invest in Design Thinking lohnt sich
Untersuchungsergebnisse deuten ganz klar darauf hin, dass sich der Invest in Design Thinking lohnt. Forrester untersuchte IBM’s Investitionen in Design Thinking Kompetenzen und kam zu dem Ergebnis, dass sich der ROI hierbei auf 300% beläuft. McKinsey erstellte einen Report mit Untersuchungsergebnissen von über 300 Unternehmen und fand einen durchschnittlichen Umsatzanstieg von 32% und eine bis zu 56% höhere Ausschüttung an Shareholder.
Die tatsächlichen Auswirkungen von Design Thinking zu messen, gestaltet sich aber sehr schwierig. Grund hierfür ist die Art, wie sich Design Thinking auswirkt: hauptsächlich nämlich in einer geänderten Denkweise, Wahrnehmung und die Art, Probleme und Chancen zu diskutieren.
Wissenschaftliche Ergebnisse zu den Auswirkungen von Design Thinking
Seit kurzem gibt es aber endlich erste richtige wissenschaftliche Ergebnisse zu diesem Thema. Jeanne Liedtka von der University of Virginia und Darden School of Business Charlottesville, VA und Kristina Jaskyte Bahr von der University of Georgia, School of Social Work und dem Institute for Nonprofit Organizations haben sich des Themas der Auswirkungen von Design Thinking angenommen und jetzt im November unter dem Titel „ Exploring the Impact of Design Thinking in Action “ ihr erstes Paper erstellt, das sich aktuell aber noch im Entwurfsstatus befindet.
Ich selbst bin durch ein Webinar bei MURAL darauf aufmerksam geworden und kann nur jedem empfehlen, es sich anzuschauen, um tiefer in das Thema einzusteigen. Die Ergebnisse halte ich für überaus bedeutend, weil man nun erste echte wissenschaftliche Belege dafür hat, dass der alleinige Einsatz weniger simpler Design Thinking Methoden, positive und lohnenswerte Auswirkungen haben kann.
Forschungsaufbau
Insgesamt wurden 471 Fragebögen ausgefüllt, davon verteilten sich die Probanden zu 66 % auf Unternehmen, zu 18 % auf Behörden und zu 16 % auf gemeinnützige Unternehmen. Die Antworten wurden auf einer Skala von 1 (keine Auswirkungen) bis 5 (starke Auswirkungen) bewertet.
Der Erfahrungsgrad in Bezug auf Design Thinking verteilte sich dabei wie folgt:
- 1% keine Erfahrung
- 15% etwas Erfahrung
- 50% mäßige Erfahrung
- 34% fortgeschritten
Folgende Faktoren wurden dabei untersucht:
- Verbesserte Umsetzungsqualität von Projekten und erhöhte Anpassungsfähigkeit in Bezug auf Nutzerzentrierung.
- Positive individuelle psychologische Effekte auf Nutzer von Design Thinking (erhöhtes Sicherheitsgefühl, Unterstützung, Offenheit und erhöhtes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten).
- Verbesserte Nutzung vorhandener Ressourcen und Netzwerke.
- Erhöhtes Qualitätslevel von Lösungen.
- Erhöhtes Vertrauen innerhalb der Teams und auf Stakeholder-Level.
Aufgeschlüsselt konnten folgende Ergebnisse diesen Faktoren zugeordnet werden.
Verbesserte Umsetzungsqualität von Projekten und erhöhte Anpassungsfähigkeit in Bezug auf Nutzerzentrierung.
- Verbesserte Fähigkeit umzuschwenken, wenn die ursprüngliche Lösung nicht funktioniert hat.
- Erhöhte Implementierungsquote neuer Lösungen.
- Erhöhte Bereitschaft, Lösungen zu verwerfen, die nicht wie geplant funktionierten.
- Verstärkter Wandel der Organisationskultur, um diese kundenorientierter zu gestalten.
- Verstärkte Veränderungen der Organisationskultur, die das Eingehen von Risiken akzeptabler machten.
- Erhöhte Mitarbeitermotivation, an einem Projekt zu arbeiten, um eine Wirkung zu erzielen.
- Erweiterte Definition des Innovationsbegriffs innerhalb der Organisation.
- Erhöhung des Verantwortungsbewusstseins und der Akzeptanz einer Lösung.
- Erhöhte Wertschätzung der Nutzung von Daten zur Entscheidungsfindung.
Positive individuelle psychologische Effekte auf Nutzer von Design Thinking.
- Erhöhtes Sicherheitsgefühl, um neue Dinge auszuprobieren.
- Erhöhung des Vertrauens der Mitarbeiter in ihre eigenen kreativen Fähigkeiten.
- Unterstützung derer, die daran interessiert sind, neue Dinge auszuprobieren, sich zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen.
- Erhöhte Bereitschaft, neue Dinge auszuprobieren.
Verbesserte Nutzung vorhandener Ressourcen und Netzwerke.
- Aufbau neuer innerbetrieblicher Beziehungen, die auch nach Abschluss eines Projekts weitergeführt wurden.
- Erweiterter Zugang zu neuen Ressourcen für Einzelpersonen und Teams.
- Bündelung von Ressourcen, um eine größere Wirkung zu erzielen.
- Die Bereitschaft anderer Stakeholder wurde erhöht, an neuen Lösungen mitzuarbeiten.
Erhöhtes Qualitätslevel von Lösungen.
- Teams, die unterstützt wurden, sahen Probleme auf neue Art und Weise, was zu vielversprechenderen Problemlösungen führte.
- Verstärktes Engagement, der am Design Thinking Prozess beteiligten Mitarbeiter.
- Neue und bessere Lösungen entstanden, die zu Beginn des Prozesses nicht sichtbar waren.
- Wissen der Nutzer wurde verstärkt einbezogen.
- Design Thinking half den Beteiligten, ihre eigenen Vorurteile zu hinterfragen.
Erhöhtes Vertrauen innerhalb der Teams und auf Stakeholder-Level.
- Aufbau von Vertrauen zwischen den Teammitgliedern.
- Aufbau von Vertrauen zwischen Problemlösungs-Teams und anderen Stakeholdern.
Aufgrund dessen, dass die Probanden die Fragebögen selbstständig ausgefüllt haben, handelt es sich immer nur um Selbsteinschätzungen. Das sollte man bei den Ergebnissen immer im Hinterkopf behalten. Dennoch sind die Ergebnisse ein sehr guter Indikator dafür, dass Design Thinking positive Effekte erzielt.
Ergebnisse durchweg positiv
Jetzt aber endlich zu den Forschungsergebnissen. Welche Effekte konnten nun durch die Nutzung von Design Thinking festgestellt werden?
Über alle Unternehmensformen hinweg wurden Verbesserungen in der Teamentwicklung, -zusammenarbeit und im Ideation-Prozess wahrgenommen. Die Prototypenerstellung und Experimente erfuhren auch eine Verbesserung, lagen aber deutlich zurück. Dies lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass für die Prototypenerstellung ein entsprechendes technisches Wissen vorhanden sein muss, das nicht durch Design Thinking ersetzt werden kann.
Dabei wurden außerdem fünf „Superpraktiken“ identifiziert, die durch die Implementierung diverser Design Thinking Methoden verstärkte Anwendung fanden.
- Aufbau vielseitiger Teams
- Betonung von aktivem Zuhören
- Durchführung echter Experimente
- Fokussierung der Problemstellungen auf die Nutzerperspektive
- Erarbeitung vielseitiger Ideen
Je nachdem, wie viel Erfahrung schon im Vorfeld mit Design Thinking gemacht wurde, hatte dies auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Ergebnisse. Sehr erfahrene Design Thinker konnten die besten Ergebnisse erzielen. Aber auch wenig bis gar nicht erfahrene konnten positive Ergebnisse erzielen.
Es lohnt sich, Design Thinking anzuwenden
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass man von positiven Effekten ausgehen kann, wenn man Design Thinking in Arbeitsabläufe integriert. Ein Vergleich zu anderen Methoden wurde nicht herausgearbeitet. Es lässt sich also nicht sagen, ob Design Thinking im Vergleich besser oder schlechter abschließen würde.
Es ist außerdem davon auszugehen, dass die für diese Studie herangezogenen Probanden schon vor der Befragung mit Design Thinking zu tun hatten und ggf. sogar schon positive Ergebnisse damit erzielt haben. Probanden, die Design Thinking getestet und dann nicht weiter fortgeführt haben, sind höchstwahrscheinlich nicht in den Ergebnissen vertreten. Dennoch zeigen die Forschungsergebnisse, dass es sich in jedem Fall lohnt, Design Thinking Methoden auszuprobieren und zu testen, inwiefern positive Effekte dadurch erzielt werden – und das sogar, wenn man bisher keine oder nur moderate Erfahrungen damit gemacht hat.
(Alle meine Artikel werden von mir persönlich geschrieben. Da schaut niemand mehr drüber, was manchmal vielleicht besser wäre. Aber dadurch bekommt man eben auch genau das zu lesen, was ich so denke und recherchiert und gelernt habe. Da bleiben ein paar Rechtschreibfehler nicht aus. Das tut mir auch echt leid, aber damit muss man dann auch einfach mal klarkommen.)