Die meisten werden diese Situation im Meeting kennen, wenn ein Problem für alle sichtbar im Raum schwebt. Dann gibt es oftmals zwei Lager: das Lager derer, die schweigen, weil sie sich nicht trauen oder die Verantwortung auf andere abschieben. Und das Lager derer, die sich durch Lautstärke profilieren und ihre Meinung den anderen aufdrücken. Beide sind gleichermaßen schlecht für die weitere Entwicklung dieses Problems.
Sagt man nichts, wird sich auch nichts ändern oder man muss Entscheidungen hinnehmen, die falsch getroffen wurden oder der eigenen Meinung komplett entgegenstehen. Wenn man aber anderen die Meinung aufdrückt, wird die Beziehung zukünftig dadurch gestört sein, eine offene Kommunikation erschwert und auch nicht unbedingt die beste Entscheidung getroffen.
Gute Kommunikation ist ein Schlüsselelemente dafür, dass ein Unternehmen gut funktioniert. Dennoch wird nicht ausreichend darauf Wert gelegt, Mitarbeiter genau in diesem Bereich fortzubilden. Dabei bedarf es gar keiner Magie, um eine funktionierende Kultur rund um Kommunikation herum aufzubauen.
Zwei Bücher, die ich zu diesem Thema sofort empfehlen kann, sind zum einen mein absoluter Favorit „Radical Candor“ von Kim Scott und dann jetzt erst kürzlich von mir entdeckt „Crucial Conversations“ von Patterson, Grenny, McMillan und Switzler (Link zu Amazon oder am besten direkt beim lokalen Händler ordern). Während sich ersteres mit Feedback-Kultur beschäftigt, beschreibt Crucial Conversations Probleme und Lösungen in Kommunikationssituationen. Was ich von „Radical Candor“ halte und um was es dort im Detail geht, kann man schon hier im Artikel “Buchempfehlung: Radical Candor von Kim Scott” nachlesen.
Crucial Conversations habe ich kürzlich erst zu Ende gelesen und möchte mich deshalb hier hauptsächlich auch darauf beziehen. Es bietet eine Schritt für Schritt Anleitung mit vielen praktischen Beispielen, wie man richtig an Konversationen herangeht und diverse Situationen vielleicht auch nochmal umdrehen kann.
Die 7 Schritte zum Erfolg
1. Beginne mit dem Herzen
Oftmals geht man mit einem Ziel in eine Diskussion, das über den Diskussionsverlauf hinweg dann aber komplett in den Hintergrund rückt. Schnell wechselt man in einen Verteidigungsmodus oder versucht nur noch die eigene Meinung durchzusetzen, ohne darauf zu achten, ob dies überhaupt noch zielführend ist.
Aus diesem Grund sollte man sich zu jedem Zeitpunkt ganz klar bewusst machen, wie das Ziel aussieht, das man verfolgt und was man auf gar keinen Fall will.
Das ist sicherlich nicht immer einfach, aber man kann sich darauf trainieren, in kritischen Situationen einen Gang herunterzuschalten, zu reflektieren und daraufhin die Konversation in eine sinnvolle Richtung lenken.
Kurz und knapp
- Fokus setzen auf das, was man wirklich will und nicht will.
Fragen, die man sich stellen sollte:
- Was will ich wirklich?
- Was würde ich mich verhalten, wenn ich das wirklich will?
- Was will ich nicht?
- Was sollte ich tun, damit ich auf jeden Fall vermeiden kann, was ich nicht will?
2. Lerne zu beobachten
Sich selbst objektiv zu betrachten ist nicht immer einfach. Dennoch sollte man immer auch ein Auge darauf haben, wie man sich selbst in Gesprächssituationen verhält – speziell, wenn es sich um eine entscheidende Unterhaltung handelt.
Wird man selbst schnell aufbrausend und verliert den Fokus? Lenkt man die Unterhaltung in eine unsichere Umgebung für die anderen. Fühlen sich alle noch sicher genug, frei ihre Meinung mitzuteilen?
Es ist essenziell wichtig, immer ein Auge darauf zu haben, wie man sich selbst in diesen Situationen verhält und wie andere reagieren. Nur so kann man rechtzeitig noch das Ruder herumreißen, sollte sich ein Gespräch in die falsche Richtung entwickeln.
Kurz und knapp
- Achte darauf, wann die Unterhaltung zu einer entscheidenden wird.
- Halte Ausschau danach, ob eine Unterhaltung „unsicher“ wird. Gemeint mit „unsicher“ ist, ob Gesprächsteilnehmer eine Gefahr darin sehen, offen und ehrlich zu kommunizieren.
- Beobachte deine eigene Art unter Stress zu kommunizieren.
Fragen, die man sich stellen sollte:
- Schweige ich? Oder werde ich aufbrausend?
- Wie verhalten sich die anderen?
3. Sorge für ein sicheres Umfeld
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Gefühl einer sicheren Gesprächsumgebung. Damit ist nicht eine sichere Räumlichkeit gemeint – obwohl das sicherlich auch von Vorteil ist. Gemeint ist damit, dass Gesprächsteilnehmer nicht das Gefühl bekommen, dass sie nicht alles sagen können, weil dies negative Konsequenzen für sie haben könnte.
Vielmehr muss dafür gesorgt sein, dass gegenseitiger Respekt vorhanden und allen klar ist, was man auf gar keinen Fall will. Darüber hinaus sollte sichergestellt sein, dass man schon ein gemeinsames Ziel hat auf das man hinarbeiten will.
Kurz und knapp
- Entschuldige dich, wenn es notwendig ist, um zurück zu einer gemeinsamen Basis zu finden.
- Mach deutlich, was du nicht willst, um Missverständnissen vorzubeugen.
- Finde ein gemeinsames Ziel.
Fragen, die man sich stellen sollte:
- Was macht das Umfeld unsicher für die Gesprächsteilnehmer?
- Habe ich ein gemeinsames Ziel gefunden?
- Besteht gegenseitiger Respekt?
- Was kann ich tun, um das Umfeld wieder sicher zu gestalten?
4. Beherrsche deine Geschichten
Der Punkt klingt erstmal etwas komisch und wird in der deutschen Übersetzung des Buches sicherlich viel intelligenter klingen – aber die werden dafür ja auch bezahlt und nehmen sich dafür viel Zeit. In der englischen Version heißt der Punkt “Master My Stories” und letztlich geht es darum, dass man sich selbst hinterfragt, wenn man Schlussfolgerungen zieht. Oftmals kennt man nicht alle Fakten und baut sich aus dem vorhandenen Wissen eine Geschichte zusammen, die einem möglicherweise falsche Ideen in den Kopf setzt.
Deshalb ist es ganz wichtig eine Geschichte objektiv zu betrachten, auszuleuchten, Lücken zu hinterfragen und andere Sichtweisen zu betrachten. Außerdem neigt man manchmal dazu Menschen etwas zu unterstellen ohne sich überhaupt die Frage zu stellen, wieso ein normal denkender und handelnder Mensch so etwas überhaupt machen würde.
Kurz und knapp
- Trenne Fakten von Geschichten.
- Verfolge deine Geschichte zurück.
- Erzähle die komplette Geschichte.
Fragen, die man sich stellen sollte:
- Was gebe ich vor, nicht über meine Rolle als Teil des Problems zu wissen?
- Wieso würde ein klar denkender Mensch so etwas tun?
- Was sollte ich tun, um mich dem zu nähern, was ich wirklich will?
5. Lege deine Sichtweise der Dinge offen
Ab einem gewissen Zeitpunkt innerhalb eines Gesprächs wird es dann auch Zeit, die eigene Meinung offen und ehrlich mitzuteilen. An dem Punkt sind wir hier jetzt angelangt. Dabei ist es wichtig, den Gesprächspartnern die Fakten mitzuteilen, die einem bekannt sind und gleichzeitig zu vermitteln, zu welcher Geschichte sich diese Fakten für einen zusammenbauen. Reine Fakten mitzuteilen wäre hier fehl am Platz, da die anderen ansonsten vielleicht nicht die damit verbundenen Implikationen verstehen können. Es bietet sich an dieser Stelle auch immer an, die anderen Personen zu motivieren, deren Geschichten im Zusammenhang mit den den mitgeteilten Fakten ebenfalls mitzuteilen, damit alle die Sichtweisen der anderen verstehen lernen.
Dabei sollte man seine Fakten nie als in Stein gemeißelt präsentieren, sondern deutlich machen, dass es sich um eine subjektive Wahrnehmung handelt. Also weniger “Tatsache ist…” und mehr “Meiner Meinung nach…”. Im Buch findet man eine ganze Reihe an praktischen Beispielen dazu.
Kurz und knapp
- Teile deine Fakten mit.
- Erzähle deine Geschichte.
- Frage nach den Geschichten und Fakten der anderen.
- Mach deutlich, dass jede Meinung ernst genommen wird und gehört werden will.
Fragen, die man sich stellen sollte:
- Bin ich wirklich offen für die Meinungen der anderen?
- Rede ich über die wirklichen Probleme?
- Vermittle ich meine Sichtweise der Dinge überzeugend?
6. Erforsche die Sichtweisen der anderen
Hier wird es jetzt schon etwas fortgeschrittener. Mitunter kann es relativ schwierig sein, die komplette offene und ehrliche Sichtweise der anderen zu erfahren. Vor allem auch, wenn vielleicht schon Mauern aufgebaut wurden. Damit andere sich öffnen muss man deren Meinung und Sichtweise auch ganz ehrlich hören wollen. Vortäuschen hilft hier niemandem. Außerdem sollte man neugierig genug sein, die ganze Geschichte hören zu wollen und auch die nötige Geduld mitbringen, damit sich der Gesprächspartner je nach Situation zum Beispiel beruhigen kann.
Manchmal kann es auch notwendig sein, die andere Person etwas anzustoßen, damit die Wahrheit ans Licht kommt. Beispielsweise kann man offen kommunizieren, dass man zwar hört und versteht was gesagt wird, dieses aber nicht damit zusammenpasst, wie sich die andere Person verhält: “Du sagst, dass alles gut ist. Aber der Ton in dem du es sagst, hört sich für mich so an, als würde dich etwas stören.”
Aussagen der anderen zusammenzufassen hilft auch dabei deutlich zu machen, dass man verstanden hat, was gesagt wurde, um Ruhe und Gefasstheit auszustrahlen. Das kann dann mehr Sicherheit für die anderen schaffen. Und Sicherheit sorgt dafür, dass man sich öffnet, wie wir ja schon gelernt haben.
Kurz und knapp
- Fragen: Zeige Interesse an der Sichtweise der anderen.
- Spiegeln: Erzeuge Sicherheit dadurch, dass du die Gefühle der der anderen anerkennst und respektierst.
- Umschreiben: Wiederhole die Aussagen der anderen in eigenen Worten, um zu zeigen, dass man sie verstanden hat und es sicher ist, sich mitzuteilen.
- Den Weg ebnen: Wenn sich Gesprächspartner nicht öffnen wollen, dann teile mit, was du glaubst, was sie denken und fühlen.
- Stimme zu: Wenn man die gleichen Sichtweisen teilt, stimme zu.
- Bau auf: Baue auf gemeinsamen Standpunkten auf.
- Vergleiche: Wenn Meinungen stark voneinander abweichen, vergleiche die Meinungen und nimm nicht an, dass die andere Meinung falsch ist.
Fragen, die man sich stellen sollte:
- Versuche ich aktiv die Sichtweisen der anderen zu verstehen?
- Vermeide ich unnötige Uneinigkeiten?
7. Entwickle die nächsten Schritte
Der letzte wichtige Schritt ist es, die nächsten Schritte zu planen. Wenn eine Diskussion am Ende zu keinen weiteren Schritten führt, war das Gespräch vielleicht nicht umsonst, verliert aber doch viel an vorhandenem Potenzial. Deshalb sollte man darüber sprechen, wie Entscheidungen getroffen werden sollen – zum Beispiel Abstimmung oder mit Hilfe von Dritten. Außerdem muss klargestellt werden, wer welche nächsten Schritte bis wann durchführen soll und wie diese nachverfolgt werden. Eine Dokumentation in irgendeiner Form hilft außerdem, dass man im Nachgang unnötigen Diskussionen aus dem Weg gehen kann.
Kurz und knapp
- Entscheidet, wie entschieden werden soll.
- Dokumentiert Entscheidungen und verfolgt diese nach.
Fragen, die man sich stellen sollte:
- Wie treffen wir Entscheidungen?
- Wer macht was bis wann?
- Wie verfolgen wir Fortschritte nach?
Bessere Kommunikation ist erlernbar
Zusammenfassend ist zu sagen, dass ich hier nur einen kleinen Überblick über die notwendigen Schritte geben kann, damit zukünftige Diskussionen nicht in hitzigen Streitereien oder betretenem Schweigen enden. Wer in Zukunft bewusster in Gespräche gehen will und die Chancen erhöhen will, dass diese für alle Seiten positiver ausgehen, der sollte sich das Buch besorgen – lohnt sich wirklich. Wir kommunizieren ständig und überall. Gerade die für uns ganz wichtigen Gespräche sind es doch, die man zukünftig vielleicht noch besser führen will. Da bietet dieses Buch wirklich gute Anhaltspunkte an denen man sich orientieren kann. Alleine schon ganz bewusst sich selbst und die Gesprächspartner während einer Unterhaltung zu beobachten, hilft extrem weiter dabei, die richtigen Worte im Gesprächsverlauf zu wählen und so dafür zu sorgen, dass man gemeinsam in die gleiche Richtung arbeitet.
(Alle meine Artikel werden von mir persönlich geschrieben. Da schaut niemand mehr drüber, was manchmal vielleicht besser wäre. Aber dadurch bekommt man eben auch genau das zu lesen, was ich so denke und recherchiert und gelernt habe. Da bleiben ein paar Rechtschreibfehler nicht aus. Das tut mir auch echt leid, aber damit muss man dann auch einfach mal klarkommen.)